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Ein Beitrag der
Deutsch-Französischen Anwaltskanzlei
NHB
www.nhbayer.de

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Deutsch-Französische Anwälte

Um Wiederholungen zu vermeiden, wird der Beitrag unter dem Button "Deutsch-Französisches Recht" als Einleselektüre empfohlen.

Deutsch-französische Anwälte sind keine besondere Spezies von Anwälten, auch wenn die Zahl derer, die sich so bezeichnen und in diesem Beratungsfeld arbeiten, bislang extrem gering ist. Manche sind sowohl französischer Anwalt (Avocat à la Cour) als auch deutscher Anwalt (Rechtsanwalt). Die meisten arbeiten jedoch als deutscher Anwalt in Frankreich, ohne die dortige Zulassungsprüfung bestanden zu haben, weshalb sie dort nach Europäischem Recht als deutscher Anwalt der Anwaltskammer beitreten und dort arbeiten dürfen. In der Tat ist die Auslese in der Zulassungsprüfung fast so hart, wie für das DEUG. Es nutzt auch nicht viel, französische Universitätsabschlüsse vorzulegen. Um die Zulassungsprüfung kam man bislang nicht umhin, wenn man anstrebte, als Avocat à la Cour zu arbeiten. Dies hat sich gerade geändert. Die EU hat erkannt, dass die hohen Anforderungen die Dienstleistungsfreiheit/Niederlassungsfreiheit beschränken und hat gehandelt. Nunmehr reicht es aus, nachgewiesenermaßen drei Jahre lang im Ausland im ausländisches Recht gearbeitet zu haben, um die harte Zuslassungsauslese umgehen zu können. Die Anzahl der "unechten" Avocats wird demzufolge in ein bis zwei Jahren mithilfe dieses Tricks sprunghaft ansteigen und die Mandanten werden gut beraten sein, genau nachzufragen, wie die französische Berufsbezeichnung erlangt worden ist, durch nachgewiesene Kompetenz oder durch Zeitablauf.

Es dürfte am weithin bekannten Zentralismus Frankreichs liegen, möglicherweise aber auch am verschiedenen  Standesrecht, dass die meisten deutsch-französischen Kanzleien und Anwälte in Paris ansässig sind. Ein deutscher Anwalt darf sich von der Residenzpflicht in Deutschland befreien lassen, ohne seine deutsche Berufsbezeichnung (Rechtsanwalt) abgeben zu müssen. Das heißt, er wird nicht dazu gezwungen, zwei Büros gleichzeitig zu betreiben, wenn er in Paris ansässig ist. Anders ist der Fall, wenn man als deutscher Anwalt die französische Zulassungsprüfung und anwaltliche Qualifikation erlangt hat, aber dort kein Büro betreiben will. In diesem Fall ist es durch das (wahrscheinlich europarechtswidrige) französische Standesrecht bislang untersagt, die französische Berufsbezeichnung zu führen. Also keine Berufsausübung als Avocat à la Cour ohne eigens Büro in Frankreich und ohne regelmäßige Berufsausübung von dort aus, was zwar eine Verletzung der Dienstleistungs- und Niederlassungsfreiheit darstellt, aber bislang so praktiziert und als hervorragendes Mittel benutzt wird, die Zulassung de facto für ursprünglich ausländische Anwälte zu erschweren und dies eben auch bei nachgewiesener Qualifikation. Es dürfte allerdings nur eine Frage der Zeit sein, bis auch in Frankreich die Befreiung von der Residenzpflicht möglich sein wird und ein deutsch-französischer Jurist ungehindert als Rechtswanwalt und Avocat auch ausschließlich von Deutschland aus anwaltliche Tätigkeit entfalten darf.

Die Kollision des Standesrechts

Deutsch-Französische Rechtsanwälte mit Doppelzulassung an einer deutschen und einer französischen Anwaltskammer unterliegen beiden Berufsregelungen, die leider teilweise kollidieren. Insbesondere in Frankreich bedeutet dies nichts Neues, da innerhalb Frankreichs bis vor wenigen Jahren jede einzelne Kammer ein verschiedenes Standesrecht konstituiert hatte und Sozietäten, die in verschiedenen Regionen tätig waren, oftmals Konflikten ausgesetzt waren. Diese sind durch die Einführung einer zentralen übergeordneten Institution, dem Conseil National des Barreaux weitgehend beseitigt worden. Die innerhalb Frankreichs geschaffene Rechtssicherheit findet aber dort seine Grenzen, wo ausländische Anwälte, die zugleich als französische Anwälte arbeiten, beiden Berufsordnungen genügen müssen. Widersprüche tun sich etwa bei der Behandlung der Korrespondenz auf. Unterliegt der deutsche Rechtsanwalt der Verpflichtung, alle wesentlichen Schriftstücke an den Mandanten weiter zu leiten, macht er sich durch dieselbe Handlung in Frankreich schnell strafbar und handelt standeswidrig. Eine Lösung dieser Konflikte durch übergeordnetes  europäisches Recht ist noch nicht in Aussicht. Die bisherigen europäischen Regelungen besitzen keine ausreichende rechtliche Verbindlichkeit.

Autor:

N.H. BAYER
Deutsch-Französische Anwaltskanzlei
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